Diese Informationen des Great Ormond Street Hospital (GOSH) erläutern die Ursachen, Symptome und Behandlung von Fibrinogenmangel.
Eine Gerinnungsstörung ist eine Erkrankung, bei der ein bestimmtes Gerinnungsprotein im Blutplasma fehlt.
Blut besteht aus verschiedenen Arten von Zellen (rote Blutkörperchen = Erythrozyten, weiße Blutkörperchen = Leukozyten und Blutplättchen = Thrombozyten) und der sie umgebenden Flüssigkeit, dem Blutplasma. Blutplättchen sind die Zellen, die für die Bildung von Blutgerinnseln verantwortlich sind. Wenn ein Blutgefäß verletzt ist, klumpen die Blutplättchen zusammen, um die Verletzungsstelle zu schließen. Sie starten des Weiteren auch eine chemische Reaktion, um am Verletzungsort ein Netz aus einer Substanz namens Fibrin zu bilden. Diese komplexe chemische Reaktion folgt immer einem strengen Muster – wobei verschiedene Gerinnungsproteine (bekannt als Gerinnungsfaktoren) beteiligt sind. Wenn alle Faktoren eingeschaltet sind, bildet das Blut ein Gerinnsel, welches die Blutung an der Verletzungsstelle stoppt.
Es gibt eine Reihe von Gerinnungsfaktoren, die im Blut zirkulieren und darauf warten, bei einer Verletzung eingeschaltet zu werden. Wenn einer der Faktoren im Körper fehlt, wird die oben beschriebene komplizierte chemische Reaktion nicht so ablaufen, wie sie sollte. Dies kann zu Blutverlust führen, der schwerwiegend und lebensbedrohlich sein kann. Jeder Gerinnungsfaktor erhält eine Zahl von I bis XIII – sie werden immer als römische Ziffern geschrieben. Die Auswirkungen des fehlenden Faktors variieren. Ein Mangel an Fibrinogen (Faktor I) ist eine Art von Gerinnungsstörung.
Fibrinogenmangel betrifft nur ein oder zwei Menschen pro Million. Der spezifische Gerinnungsfaktor, der bei Menschen mit Fibrinogenmangel fehlt oder reduziert ist, ist Faktor I. Dieser spielt eine wichtige Rolle bei der Gerinnung, da er für die Herstellung von Fibrin verantwortlich ist, welches das blutungsstillende Netz bildet.
Es gibt drei Haupttypen von Fibrinogenmangel:
Die Schwere der Symptome reicht von leicht bis schwer, abhängig von der Menge des im Blut vorhandenen Fibrinogens und seiner Aktivität.
Menschen haben als Erbanlage ungefähr 30.000 bis 40.000 verschiedene Gene. Sie sind paarweise (eines der Paare von jedem Elternteil) auf 23 Chromosomen angeordnet. In der Regel sind einige dieser Gene fehlerhaft. Ein Fibrinogenmangel wird durch einen Defekt (Mutation) entweder des FGA-, FGB- oder FGG-Gens verursacht. Diese Genmutationen werden je nach Art des Faktor I-Mangels unterschiedlich vererbt.
Afibrinogenämie wird autosomal-rezessiv vererbt. Autosomal rezessive Störungen bedeuten, dass eine Person das fehlerhafte Gen von beiden Elternteilen erben muss, um die Krankheit zu entwickeln. Autosomal-rezessive Störungen treten häufiger in Gebieten der Welt auf, in denen die Ehe zwischen nahen Verwandten häufig ist. Jede Schwangerschaft trägt eine:
Dysfibrinogenämie wird autosomal-dominant vererbt. Autosomal dominante Störungen bedeuten, dass eine Person nur das fehlerhafte Gen von einem Elternteil erben muss, um die Krankheit zu entwickeln. Jede Schwangerschaft trägt eine:
Hypofibrinogenämie kann entweder rezessiv oder dominant vererbt werden.
Personen, die eine Kopie des fehlerhaften Gens tragen, gelten als „Träger“. Die Mehrheit der Träger ist gesund, aber gelegentlich können „betroffene Träger“ leichte Symptome eines Fibrinogenmangels zeigen, da ihr Fibrinogenspiegel halb so hoch sein kann wie der einer nicht betroffenen Person. Dies kann eine Behandlung erfordern oder nicht.
Die Symptome der Afibrinogenämie-Form des Fibrinogenmangels treten häufig kurz nach der Geburt auf, solang die Nabelschnur noch vorhanden ist, was zu anhaltenden Blutungen führt. Die Beschneidung oder andere Neugeborenenoperationen können ebenfalls zu anhaltenden Blutungen führen. Andere Formen von Blutungen können ebenfalls auftreten, wie Nasen- und Mundblutungen und Blutungen in das Muskelgewebe. Frauen mit Fibrinogenmangel haben häufig schwere Menstruationsperioden. Eine Schwangerschaft sollte sorgfältig geplant werden, da ein erhöhtes Risiko für eine frühe Fehlgeburt oder längere Blutungen nach der Geburt besteht.
Bei einer Hypofibrinogenämie können Symptome auftreten oder nicht, je nach Menge des im Blut vorhandenen Fibrinogens. Wenn der Fibrinogenspiegel kaum reduziert ist, besteht ein geringeres Blutungsrisiko, aber wenn der Spiegel niedrig ist, ist das Blutungsrisiko erhöht.
Die Form der Dysfibrinogenämie kann in Bezug auf die vorhandenen Symptome und deren Schwere sehr unterschiedlich sein – manche Menschen zeigen möglicherweise keine Symptome. Wenn Symptome vorliegen, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Blutungen, aber auch das Risiko der Bildung von Blutgerinnseln in Blutgefäßen ohne sichtbare Verletzung.
Ein Fibrinogenmangel kann vor der Geburt diagnostiziert werden, wenn eine entsprechende Vorgeschichte in der Familie vorliegt. Zur Untersuchung gibt es verschiedene Möglichkeiten, einschließlich der Probenahme von Chorionzotten (Plazenta-Punktion) bei Beginn der Schwangerschaft oder der Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) zwischen der 15. und 20. Schwangerschaftswoche.
Nach der Geburt kann ein Fibrinogenmangel mittels Blutprobe diagnostiziert werden. Es besteht auch die Möglichkeit, die Genmutation zu identifizieren.
Bildgebende Scans wie MRT-, CT- oder Ultraschallscans können verwendet werden, um interne Blutungen zu identifizieren, beispielsweise innerhalb eines Gelenks.
Die Behandlungsmöglichkeiten für einen Fibrinogenmangel variieren in Abhängigkeit vom Fibrinogenspiegel im Blut und seiner Aktivität.
Beispielsweise ist bei Hypofibrinogenämie und Dysfibrinogenämie möglicherweise überhaupt keine Behandlung erforderlich. In vielen Fällen ist eine ereignisbezogene Behandlung gegen eine aufwändigere, vorbeugende Behandlung (Prophylaxe) abzuwägen.
Wenn die Symptome so schwerwiegend sind, dass eine vorbeugende Behandlung (Prophylaxe) erforderlich ist, kann ein Ersatz-Fibrinogen aus menschlichem Plasma erforderlich sein, um das fehlende oder reduzierte Fibrinogen zu ersetzen. Die Behandlung kann im Rahmen der Planung einer Operation oder der Behandlung einer Verletzung erforderlich sein. Menschen mit Dysfibrinogenämie benötigen möglicherweise während und nach der Operation eine Infusion von frisch gefrorenem Plasma (FFP) anstelle des Faktorenkonzentrats.
Es ist wichtig, dass Menschen mit Fibrinogenmangel keine nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAIDs wie Ibuprofen) verwenden, da dies das Blutungsrisiko erheblich erhöht. Stattdessen sollten andere Methoden zur Schmerzlinderung angewendet werden.
Vorsicht ist auch bei Injektionen geboten – Immunisierungen sollten beispielsweise subkutan (unter der Haut) und nicht intramuskulär (in einen Muskel) verabreicht werden, um das Risiko einer schmerzhaften Blutergussschwellung (Hämatom) zu verringern.
Frauen müssen möglicherweise zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um ihre monatlichen Perioden besser zu kontrollieren. Zu den Optionen kann die Einnahme von Tranexamsäure vor und während ihrer Periode, die Einnahme der Antibabypille oder die Einführung eines Intrauterinpessars (IUP) gehören.
Kinder und Jugendliche mit Fibrinogenmangel haben eine normale Lebensspanne. Wenn die Symptome mild sind oder nicht vorhanden sind, ist außer einer entsprechenden Wachsamkeit keine Anpassung an den Alltag erforderlich.
Wenn der Fibrinogenspiegel sehr niedrig ist oder fehlt, müssen möglicherweise einige Aktivitäten vermieden werden, z. B. Kontaktsportarten, bei denen ein hohes Risiko für Kopfverletzungen besteht. Die meisten täglichen Aktivitäten verursachen jedoch nur wenige Probleme. Es kann ratsam sein, eine Halskette oder ein Armband für medizinische Warnhinweise zu tragen, um Angehörige der Gesundheitsberufe auf einen Fibrinogenmangel aufmerksam zu machen.
Jede Operation oder gewünschte Schwangerschaft erfordert eine sorgfältige Planung im Voraus. Daher ist es wichtig, dass alle beteiligten Angehörigen der Gesundheitsberufe darüber informiert sind.
Kinder und Jugendliche mit Fibrinogenmangel müssen möglicherweise lebenslang überwacht und behandelt werden. Wenn sich Ihr Kind dem Teenageralter nähert, wird Ihr Arzt mit ihnen darüber sprechen, wie Sie sich darauf vorbereiten können, zum Gesundheitsdienst für Erwachsene überzugehen. Dies ist ein etablierter Prozess, damit die Patienten mit zunehmendem Alter unabhängiger werden und in der Lage sind, selbständig Vorkehrungen für ihre eigene Gesundheit zu treffen.